Es gibt viele Heldenreisen. Die vom Tellerwäscher zum Millionär. Die vom Aschenputtel zur Königin. Und im Motorsport die vom Sim-Racer oder Amateur-Fahrer zum Rennfahrer. In der Nürburgring Langstrecken-Serie treten Misha Charoudin, Jimmy Broadbent und Steve Brown genau diese Reise an. Ihr großes Ziel: das 24h-Rennen Nürburgring 2024. Seit dem sechsten Lauf ist das Trio in einem BMW 330 i in der Klasse VT2 R+4WD für das Black Falcon Team Bilstein am Start.
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Genialer Einfall an der Bar
Doch wie entstand diese außergewöhnliche Idee überhaupt, drei Influencer auf die Nordschleife zu schicken? Wie so oft: an der Bar. "Ich arbeite schon länger mit Bilstein zusammen und da kam uns eines Abends nach einem Event die Idee, ein Team aus YouTubern ins Leben zu rufen", sagt Misha Charoudin, der über 900.000 Fans auf YouTube und über 700.000 auf Instagram hat. "Es war aber gar nicht so einfach, denn wir mussten jemanden mit einer Rennlizenz finden, mit dem man gut auskommt und der den Nürburgring kennt."
Stefan Baldauf
Ein Trio, das harmoniert: Dabei war es nicht einfach, geeignete Kandidaten zu finden.
In Sachen Streckenkenntnis macht Charoudin keiner so schnell etwas vor. Er wohnt in Nürburg und ist ständig auf der Nordschleife unterwegs. Bereits 2021 startete er im kultigen Dacia Logan beim 24h-Rennen. Bekannt wurde er aber mit Videos, in denen er zeigt, wie er im Touristenverkehr mit den Autos seiner Follower ans Limit geht. Die sitzen oft ungläubig auf dem Beifahrersitz.
Erfolgreich im Sim-Racing und als Influencer
Genauso überrascht war Jimmy Broadbent als Charoudin ihn anrief, und ihm die Idee vorstellte. Da saß er gerade im Urlaub in Griechenland in der Sonne. Broadbent, der ebenfalls knapp 900.000 Follower bei YouTube hat, musste nicht lange überlegen. Schließlich hatte er auch schon Rennerfahrung im Prototyp Praga R1 in England gesammelt.
Der Dritte im Bunde wurde ebenfalls schnell gefunden, denn man kannte sich bereits: Steve Alvarez Brown ist unter dem Namen "Super GT" bei YouTube ebenfalls mit über 800.000 Followern aus der Sim-Racing-Szene bekannt. Brown bringt es immerhin auf über 22 Jahre Erfahrung im Kart.
"Die Drei wollen richtig professionelle Rennfahrer werden und nehmen das sehr ernst", sagt Fabian Okon von Bilstein, der das Projekt mit aus der Taufe gehoben hat. "Wir sind froh, dass wir uns das getraut haben und die Rundenzeiten können sich sehen lassen."
Stefan Baldauf
Auffälliges Design: Der BMW 330i wird von Black Falcon eingesetzt.
Wenn Sim-Racing auf Nordschleife trifft
Ende Juni machten Broadbent und Brown ihre Nordschleifen-Permit und absolvierten ein Rennen in der RCN-Serie auf der Nordschleife, sozusagen die zweite Nordschleifen-Liga. Eine optimale Vorbereitung für die Nürburgring Langstrecken-Serie. "Wobei du aus dem Simulator natürlich schon viel kennst, wenn du hierherkommst", sagt Broadbent. "Ich würde sagen, es deckt sich ungefähr zu 70 Prozent mit der Realität."
Trotzdem hatten alle drei großen Respekt vor dem neuen Projekt. "Der Unterschied zum Simulator ist, dass du in der Realität die Kurven kaum einsehen kannst, dich die Bodenwellen mehr überraschen und man die Steigungen intensiver wahrnimmt", sagt Brown. "Ich hatte mir natürlich auch Gedanken gemacht, wie das mit dem Verkehr mit den GT3-Autos sein würde. Da bleibt man wirklich am besten auf seiner Linie."
Charoudin hatte eine ganz andere Herausforderung zu meistern: "Ich bin teilweise etwas zu vorsichtig an die Sache herangegangen, weil ich es aus dem Touristenverkehr gewohnt bin, mit Autos zu fahren, die nicht mir gehören", sagt er.
Stefan Baldauf
Multitasking: Misha Charoudin filmt das Wochenende über und muss sich auf das Rennfahren konzentrieren.
Erstes Podium bei NLS 8
Auch wenn im ersten Rennen gleich ein Ausfall zu Buche stand, verläuft die Lernkurve nun extrem steil. Im zweiten Rennen bei NLS 7 belegte man in der Klasse mit acht Teilnehmern den fünften Platz. Bei NLS 8 bekam man unter anderem Coaching-Unterstützung von Profi-Rennfahrer Nico Bastian. Das zahlte sich aus. Platz drei bei zehn Teilnehmern in der Klasse. Damit feierte man das erste Podium.
"Wir wollen zeigen, dass es möglich ist, seine Träume zu verwirklichen", sagt Broadbent. Er selbst macht auch auf seinem Kanal kein Geheimnis daraus, dass er immer wieder mit Depressionen kämpft und früher in einem Supermarkt gearbeitet hat. Brown war in einem Lagerhaus beschäftigt, bevor er zum YouTube-Star wurde. "Wir sind keine Milliardäre und haben es trotzdem geschafft", sagt Broadbent. "Immer wieder schreiben uns auch Leute, wie ihnen das, was wir machen, Motivation gibt."
Stefan Baldauf
Die YouTuber- und Content-Creatoren sind eine Inspiration für viele.
Große Begeisterung bei den Fans
Wie sehr die drei andere Motorsport-Fans mit der Faszination Nordschleife und der Begeisterung für die Nürburgring Langstrecken-Serie abholen, zeigt auch der Erfolg ihrer Streams von dem Projekt. Charoudin hatte über 400.000 Abrufe bei seinem ersten Video, in dem er die Zuschauer mit hinter die Kulissen nimmt. Und wer einmal reinschaut, ist so bewegt von den ehrlichen Emotionen, dass man sie direkt auf ihrer weiteren Heldenreise begleiten will.
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